Jeder hat eine, doch jede ist anders: Es gibt Gluckenmütter und Rabenmütter, Mütter mit Schürze und Mütter im Businesskostüm, trutschige Mamis und heiße Mamis, fröhliche, zögerliche, zugewandte, strenge Mamis.
Eines aber haben die Mütter dieser Welt gemeinsam: Sie können einfach alles. Warum? Weil Kinder das ultimative Bootcamp für die Hab-ich-noch-nie-gemacht-lass-ich-die-Finger-von-Fraktion sind. Soll ich mal aus dem Nähkästchen plaudern?
Da war diese beängstigend große Schachtel, gefüllt mit Milliarden Legosteinen (okay, ein paar tausend). Drei Weihnachtstage verbrachte ich mit meiner Tochter auf dem Fußboden, bis aus dem Wahnsinn ein Harry-Potter-Schloss geworden war. Und das, obwohl ich Lego nie ausstehen konnte und bei ebenso komplizierten wie unverständlichen Bauanleitungen Pupillenstillstand bekomme. Dennoch habe ich mich überwunden. Zwischendurch zähneknirschend, das gebe ich offen zu. Am Ende hat es aber sogar Spaß gemacht. Mutter stolz, Kind glücklich, so soll es sein.
Oder die Geschichte mit dem Eiswürfel. Meine Tochter (ja, sie hat die Neugier ihrer Mutter geerbt), wollte unbedingt wissen, wie es sich anfühlt, einen Eiswürfel direkt aus dem Tiefkühlfach zu lutschen. Peng, fror das Ding an ihrer Lippe fest. Sie zog daran. Mit dem Resultat, dass gleich ein Quadratzentimeter zarter Lippenhaut mit abriss. Es blutete wie verrückt, meine Tochter schrie, ich schrie, es war grässlich. Ich kann nämlich kein Blut sehen. Bei Blut kippe ich um. Doch siehe da – die Mutterliebe verlieh mir ungeahnte Kräfte. Irgendwie schaffte ich es, den Eiswürfel von der Lippe loszueisen (haha), meine Tochter zu beruhigen, die Wunde zu desinfizieren und ein Ende-gut-alles-gut zu fabrizieren.
Multitasking? Ist nix dagegen. Wie so viele andere Mütter auch, musste ich lernen, nach dem komplex gestalteten Terminkalender meiner Tochter zu leben (Montag Turnbeutel, Dienstag Klavierunterricht, Mittwoch Spieldates organisieren etc.) Obwohl ich nie sonderlich gelenkig war, bin ich mit meiner Tochter auf die höchsten Rutschen geklettert. Apropos: Natürlich musste ich auch meine Höhenangst überwinden, als sie unbedingt in einen Kletterpark wollte (sieben Meter über dem Boden balancieren, ein Alptraum). Ich lernte, typische Kindergerichte zu kochen, zum Beispiel Piratenpasta (Nudeln mit Tomatensauce und selbstgemachten Hackbällchen). Ich übte mich im Pflasterkleben, Bildermalen, Hüpfburgen überleben, trösten, singen, vorlesen, Elternabende überleben, Arztgesprächen, Plätzchen backen, Kindergeburtstage veranstalten (und überleben), Fernsehen erlauben, Fernsehen verbieten, Bauchweh wegstreicheln, Gutenachtgeschichten erzählen (und Monster unter dem Bett für nichtexistent erklären).
All das hätte ich niemals getan ohne meine Tochter. Ich hätte es vermutlich sogar abgelehnt. Heute bin ich froh, dass ich einen liebenswerten Grund hatte, über meinen Schatten zu springen. Neuland zu entdecken. Mich zu entdecken. Deshalb habe ich mit meiner Tochter ausgemacht, dass wir uns am Muttertag gegenseitig feiern. Ja, auch meine Tochter möchte ich am kommenden Sonntag feiern – weil sie mir so unendlich viel beigebracht hat.
In diesem Sinne: Alles Liebe zum Muttertag! Eure Ellen